In den vergangenen Jahrzehnten wurden im Forschungsbereich der Stammzellen- und Gentherapie einige Nobelpreise verliehen. Die wissenschaftlichen Versprechen sind jedoch nicht oder nur unbefriedigend umgesetzt worden. Die wirtschaftliche Umsetzung erweist sich als bedeutend mühevoller als vormals gedacht.
Zahlreiche auf diesen Bereich spezialisierte Biotechnologieunternehmen haben ihre Tätigkeit, mitunter durch Insolvenz, beendet und bekannte Pharmazeuten haben sich aus Projekten zurückgezogen. Für die pharmazeutischen Firmen basiert ein interessantes Geschäftsmodell größtenteils auf einem guten Patentschutz und auf einem Medikament, das in einer Schachtel verkauft werden kann. Inzwischen merke ich eine gewisse Scheu, in neue, vielversprechende Projekte einzusteigen.
Im vorigen Jahrzehnt investierte der ehemalige Gouverneur Arnold Schwarzenegger im Namen des kalifornischen Staates drei Milliarden Dollar um die Stammzellenforschung voranzutreiben und Durchbrüche zu erreichen. Jedoch gibt es auch dort nahezu keinen einzigen wirtschaftlichen Erfolg in diesem Bereich zu verzeichnen.
Das technische Gebiet ist außergewöhnlich. Es handelt sich beispielsweise um das Erzeugen von Stammzellen außerhalb des Körpers, die dem Patienten anschließend wieder zurückgegeben werden. Dieses Thema ist durch zahlreiche ethischen und juristischen Risiken, sowie von Sicherheitsrisiken gekennzeichnet. Die Erfolglosigkeit der wirtschaftlichen Umsetzung lässt sich nicht anhand des Niveaus der Wissenschaft oder der Zahl der Schutzrechte erklären. Auch wenn wir Wissenschaftler die Sachlage möglicherweise zu positiv gesehen haben, eventuell um den Markt dafür zu begeistern.
Nun müssen Risikokapitalgeber, Biotechnologieunternehmen, pharmazeutische Firmen, Wissenschaftler und der Staat gemeinsam vorgehen. Der Menschheit obliegt von der Vielzahl wertvollen Wissens und möglicher Durchbrüche zu profitieren. Es ist höchste Zeit hinsichtlich wirtschaftlicher Umsetzungen mutiger zu werden. Regeln und unternehmerische Entwicklungspfade müssen verändert werden und Wissenschaftler müssen dafür sorgen, dass sich Testmöglichkeiten ergeben. Nur so können wir die dreißig Jahre misslungener Initiativen abschließen.
Glücklicherweise stelle ich fest, dass sich Produkte im Bereich der Gentherapie nun tatsächlich durchsetzen. Es zeigt sich, dass es größere Studien mit guten Ergebnissen gibt. Thema dieser Studien ist meistens das Verabreichen von DNA, ein faktisch chemischer Stoff. Diese chemischen Stoffe – eben auch die Zutaten von Medikamenten – stehen den Geschäftsmodellen der Pharmawelt näher, als die von Menschen stammenden, lebendigen Zellen.
Hans Clevers
Forscher und Gruppenleiter Hubrecht Instituut
wissenschaftlicher Direktor Prinses Máxima Centrum für Kinderonkologie
Ehemaliger Präsident der Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen (KNAW).